Four Stream New Orleans Jazzband

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Niederländische Jazzband heizt ein
Dissener Bahnhof unter Dampf gesetzt




Ausverkauft:
Die Four Stream New Orleans Jazzband spielten im Dissener Bahnhof.

Foto: Frank Muscheid



Dissen. Manche Musik muss man einfach live hören. Wie die der Four Stream New Orleans Jazzband. Der Jazz Club Dissen-Bad Rothenfelde hatte sie im Bahnhof loslegen lassen – und wieder den richtigen Riecher bewiesen.

Die sieben Könner aus Arnheim waren wie die Dampflok hinter ihnen auf der Wand: Zwar in alten Zeiten verwurzelt, in der Jazzära der 50-Jahre, in Oldtimejazz und Swing alter Schule, aber mit so viel Soul in den Stimmen, so viel Wucht im Bläsertrio aus Posaune, Trompete, abwechselnd Saxofon und Klarinette, mit so viel Groove in der Rhythmusfraktion und so viel Sinn für verspielte Details, dass diese Lok gnadenlos seine Gestänge nach vorn treibt, ist der Kessel erst angeheizt. Das ausverkaufte Haus stand schnell unter Dampf.

Ging es bei den ersten beiden Liedern noch gemäßigt zur Sache, zogen die Musiker im Gospel-Song „Beautiful Ohio“ erstmals an: Ton Nas an der Klarinette (auch Saxofon) übernahm flink-verspielt die Regie, der Kontrabass stampfte dagegen an, eine röhrende Trompete (Dick Olij) fiel ein, die mal mit der Posaune paktierte – herrlich fetzig gespielt von Jan Lebesque – mal mit ihr stritt. Auch als Sänger erreichten die beiden später mühelos den rauen Charme ihrer Instrumente.

Mit „Going home“ verabschiedeten sich die gestandenen Jazzspezialisten dann keineswegs. Stattdessen packte Olij seine zuweilen an Amstrong-Intensität heranreichende Stimme aus, um noch schnell im Text dem Mädchen zu entlocken, woher sie sei, bevor er „gone“, also fort sei: Eine Zeitreise auf alte Platten, aber druckvoll ganz im Moment verankert und mit Gänsehautfaktor.

Bei „Precious Lord“ spielten die Sieben dann wieder ihren ganzen, satten, breit aufgestellten Big-Band-Sound aus – melancholisch aber beseelt, beswingt, echt. Obwohl das perfekt aufeinander eingestimmte Bläsertrio dominierte, blieb Raum für den virtuosen Banjo-Arbeiter Roeland Kolkmeijer, Schlagzeug-Uhrwerk Ton Kolkman und Bassist Peter Anders, der richtig ranmusste, um gegen das Front-Trio anzukommen.

Kino für die Ohren

„Victory Bounce“ war dann der erste Höhepunkt des Abends. Hugo Jungen gab am Piano die gepfefferten Boogie-Woogie-Basslinien vor – einfach großartig. „Yes Sir. That’s my Baby“ setzte swingend mit Sänger Lebesque und „Yeah“-Rufen von Olij, gefolgt von frenetischem Applaus, eins drauf. Aber Four Stream konnten noch mehr, streiften den puren „Rock’n’Roll“, wenn sie „I gave you all my money, what could I do“ rockten, oder wenn sie ins lässige „The Blues ain’t nothing but the woman“ wechselten – ganz großes Ohrenkino.

Osnabrücker Zeitung, 9 december 2013